Rechenkunst und Rechentechnik haben an der 550 Jahre alten Universität
Greifswald bis in die jüngste Vergangenheit keine wesentliche Bedeutung
erlangt. Wohl dürften Professoren wie Mayer, Droysen, Tillberg bei der
Lösung angewandter Aufgaben auch umfangreiche Zahlenrechnungen durchgeführt
haben, das Profil der Greifswalder Mathematik war aber eindeutig theoretisch
ausgerichtet. Erst 1953 kamen mit dem neu geschaffenen Institut für
Angewandte Mathematik einige mechanische Rechenmaschinen in der Lehre zum
Einsatz. Bemerkenswert ist, dass der Direktor dieses Instituts
Prof. Dr. O. Emersleben, für numerische Berechnungen seine damals 100 Jahre
alten Thomas-Maschine genutzt hat. Ich selbst habe im
Studienjahr 1966/67 Übungsaufgaben zur Numerischen Mathematik (bis zur
numerischen Lösung von Anfangswertproblemen bei gewöhnlichen
Differentialgleichungen nach dem Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung) mit
einer mechanischen Rechenmaschine vom Typ Triumphator gelöst.
Die entscheidende Wende setzte 1969 mit der Gründung des
Universitätsrechenzentrums und 1970 mit dem auf Initiative von
W. Dörband und L. Bittner in Greifswald installierten elektronischen
Rechner ODRA 1013 ein. Als L. Bittner im Studienjahr 1980/81
erstmalig eine Vorlesung über den Einsatz elektronischer Hilfsmittel im
Mathematikunterricht hielt und wir auch ein Seminar dazu anboten, wurde uns
mit Schrecken bewußt, dass die wenigen damals vorhandenen mechanischen
Rechenmaschinen und Rechenhilfsmittel in der Euphorie über
Taschenrechner und EDV-Anlagen bereits abgeschrieben und verschrottet waren.
Aber gerade Lehrerstudenten sollten auch sehen, wir ihre Großmütter und
Großväter gerechnet haben!
Die meisten Exponate der heutigen Rechentechnischen Sammlung sind seit 1980
von W. Girbardt und mir auf dem Gebiet der ehemaligen DDR aufgespürt und
zum Teil durch Kauf, überwiegend aber durch Schenkungen für unsere
Sammlung erworben worden. Hierfür sind wir vielen Betrieben, vor allem
aber selbständigen Mechanikermeistern zu Dank verpflichtet. Nach 1990
kamen auch frühe Computer und EDV-Anlagen durch Schenkungen von
Universitäten der Altbundesländer in unseren Besitz.
Sammlerfreunde aus vielen Ländern spendeten Exponate für unsere Sammlung,
z.B. Herr Dipl.-Architekt Heinz Joss aus Dällikon in der Schweiz eine
24 Meter Loga Rechenwalze, Herr Dr. Bob Otnes aus Palo Alto, Kalifornien, USA
ein Polarplanimeters und eine Monroe Addiermaschine und Herrn Klaus Pribil
aus Wien in Österreich verschiedene Taschenrechner.
Herr Dr. Klaus Kühn aus Alling-Biburg eine
Monroe K161 und einem Meilicke Calculator, den er aus den USA mitgebracht hat.
Herr Friedrich Diestelkamp aus Eichenau überließ uns einige Zahlenschiebern und Herr
Klaus Przadka aus Essen mehrere Computer. Frau Pia Al-Bayati,
die Tochter von Frau Frau Margot Schaffhirt-Kübler und Urenkelin von Carl Kübler,
spendete für unsere Sammlung wertvolle Zahlenschieber. Frau Irene Dennert
aus Hamburg übergab aus dem Nachlaß ihres Mannes, dem Besitzer der Firma Aristo-Werke,
Dennert & Pape, Hamburg-Altona, kostbare Rechenschieber. Herr Dr. Hardo Seehase,
Sohn des Erfinders und Kunstrukteurs Dr.-Ing. Hans Seehase aus Rostock,
schenkte uns Rechenschieber aus der Produktion seines Vaters und Herr Uwe Friedrich
aus Höchberg bei Würzburg.eine Rechenanlage Robotron R12.
All diesen Spendern und weiteren ungenannten Personen gilt unser Dank für die Hilfe
beim Aufbau unserer Rechentechnischen Sammlung.
Dank gilt auch allen anderen Förderern der Rechentechnischen Sammlung.
Greifswald, im Oktober 2005
Werner H. Schmidt
Prof. für Numerische Analysis
Leiter der Rechentechnischen Sammlung
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