20.4 Video
Im letzten Abschnitt haben wir uns um den Ton gekümmert – der nächste Schritt ist das dazugehörige Bild. Wer jetzt denkt, dass man unter Linux mit viel Glück nur die wichtigsten AVIs oder MPEG-Videos abspielen kann, hat weit gefehlt.
Das war einmal. Mittlerweile steht Linux mit der entsprechenden Software Windows in nichts nach, und teilweise kann man sogar mit einfachen Mitteln mehr anstellen als mit dem Betriebssystem aus Redmond. Doch schauen wir uns dazu erst einmal die entsprechende Software an.
20.4.1 DVDs, DivX und Co.
Vorher wollen wir aber noch ein paar Begriffe und Gegebenheiten klären, damit Sie später nicht ins Schleudern kommen.
Codec
Videos entschlüsseln
Videos sind, wie überhaupt jede Multimedia-Datei, immer in einem speziellen Format hinterlegt. Um das Format lesen zu können, braucht man einen Decoder, der uns die Daten dann entsprechend ausgibt.
Ein Codec (coder/decoder) ist eine Art Software-Bibliothek mit entsprechenden Funktionen.
Ein Codec wäre zum Beispiel eine Bibliothek, die MP3-Dateien liest und uns die Daten in irgendeinem anderen Format zurückliefert. Die Frage nach dem richtigen Codec ist also nicht nur in der Videowelt manchmal ein Problem.
DivX
DivX ist ein besonderer Codec (genauer: eine Codec-Familie) für Videodateien. Oft sind Filme, die man aus dem Netz laden kann, platzsparend als DivX kodiert. Raubkopien haben DivX erst richtig berühmt gemacht – immerhin kann eine 8-GB-DVD so nahezu ohne Qualitätsverluste auf eine 600-MB-Videodatei gebracht werden, die dann auch gebrannt werden kann. <Immer dran denken: Raubkopierer werden mit Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren (oder so) bestraft. :-)>
DVD
Videos gucken!
Das gängige Format für gekaufte oder verliehene Filme ist mittlerweile die DVD geworden. Wichtig bei diesen Video-DVDs sind vor allem die Ländercodes. Sie sollen verhindern, dass eine DVD überall abgespielt werden kann und der Filmindustrie damit Verluste entstehen. <Frei nach dem Motto: Vorsicht, Kunde!> Der folgenden Tabelle können Sie die DVD-Ländercodes entnehmen.
Code | Region |
0 | Überall spielbar |
1 | USA, Kanada und US-Kolonien (ohne den Irak, Afghanistan oder Großbritannien. :-)) |
2 | Europa, Grönland, Südafrika, Japan, Ägypten und der Mittlere Osten |
3 | Südostasien, Südkorea, Hongkong, Indonesien, Philippinen und Taiwan |
4 | Australien, Neuseeland, Mexiko, Zentralamerika und Südamerika |
5 | Russland und andere Länder der ehemaligen UdSSR, Osteuropa, Indien und Afrika |
6 | VR China |
7 | Reserviert für zukünftige Nutzung |
8 | Internationales Gelände, zum Beispiel in Flugzeugen oder auf Schiffen |
Zudem ist die »Verschlüsselung« mit dem CSS-Verfahren zu beachten. Ursprünglich sollte dieses Feature das Abspielen auf nicht lizenzierten Playern verhindern, allerdings wurde die aufgrund von Exportbeschränkungen recht schwache Verschlüsselung recht bald geknackt.
Bei der Debian-Distribution wirkt sich dieses Problem so aus, dass man die entsprechende Bibliothek zum Entschlüsseln der CSS-Keys nicht direkt in der Distribution findet. Stattdessen gibt es ein Pseudo-Paket, das die eigentliche Bibliothek aus dem Internet nachlädt. Das ist umständlich, aber leider nötig, wenn man sich nicht strafbar machen will.
20.4.2 MPlayer
Ein Videoplayer hat nun die Aufgabe, die (Video-)Dateien einzulesen, mithilfe des entsprechenden Codecs zu dekodieren und schließlich das Video wiederzugeben. Ein unter Linux sehr weit verbreitetes Tool ist der MPlayer (MoviePlayer). Schaut man sich die Features an, kann man das nachvollziehen. Der MPlayer bietet:
- Support für MPEG 1/2/4, DivX 3/4/5, Windows Media 7/8/9, Real-Audio/Video bis Version 9, Quicktime 5/6, und Vivo 1/2
- Viele für MMX/SSE(2)/3DNow(Ex) optimierte native AV-Codecs
- Support für XAnim- und binäre Realplayer-Codec-Plugins
- Support für Windows-Codec-DLLs (!)
- Grundlegende VCD/DVD-Abspielfunktionalität (inklusive Untertitel)
- Videoausgabe auf allen möglichen und unmöglichen Schnittstellen
- Jedes unterstützte Dateiformat kann in Raw/DivX/MPEG4 AVI (mit pcm/mp3 Audio) konvertiert werden.
- Zugriff auf V4L-Geräte wie beispielsweise Webcams
- und anderes mehr
Unterstützung für Windows-Codecs
Wie Sie sehen, kann der MPlayer als besonderer Clou sogar mit Windows-Codecs umgehen. Aus diesem Grund ist auch eine brandneue Version von DivX für den MPlayer absolut kein Problem. Eventuell sollten Sie aber beachten, dass Sie die Win32-Codecs als eigenes Paket in Ihrer Distribution finden, sodass Sie dieses unter Umständen noch installieren müssen, bevor alles wirklich so funktioniert, wie es soll.
Konfiguration
Videotreiber
Wie bei allen anderen Multimedia-Playern gibt es auch beim MPlayer das Problem, das passende Ausgabe-Plugin zu wählen – nur müssen Sie außer den bekannten Audioschnittstellen auch noch einen passenden Videotreiber auswählen. Letzteres geht aber meistens recht schnell, wenn Sie ein Paket Ihrer Lieblingsdistribution nutzen.
Alle entsprechenden Plugins müssen nämlich mit einkompiliert werden, weswegen die entsprechenden Bibliotheken auf Ihrem Rechner vorhanden sein sollten. <Die meiste Software, wie der MPlayer auch, überprüft während des Übersetzungsvorgangs, welche der Möglichkeiten auf Ihrem Rechner vorhanden sind – daher sollten die entsprechenden Bibliotheken vorher installiert bzw. sollte die Ausgabe dieser Überprüfung kurz begutachtet werden.> Bei einem Paket sind aber schon die wichtigsten Plugins enthalten. Sie können einfach eines nach dem anderen ausprobieren.
Exkurs: Bugfixes in freier Software
Eigentlich gehört es ja nicht hierher. <Asche auf unser Haupt.> Bei der Recherche für MPlayer sind wir aber auf der MPlayer-Homepage www.mplayerhq.hu auf folgenden interessanten Ablauf eines Bugfixes gestoßen:
Fehlerbehebung
Ein großer Bug hatte sich in eine Beta-Release des MPlayers geschlichen – die Software ließ sich auf einigen Architekturen nicht kompilieren. Hier der Ablauf dieser Angelegenheit:
- 09.12.2003 05:24 GMT
- Der Bug wurde entdeckt.
- 09.12.2003 09:15 GMT
- Der Bugfix war im CVS.
- 09.12.2003 10:00 GMT
- Auf dem FTP-Server waren die neuen Dateien zu bekommen.
Binnen fünf Stunden war also ein wichtiger Bug gefixt. Da kommen zwangsläufig Fragen auf:
Warum ging das so schnell? Warum kommt so ein Bug überhaupt in ein (Beta-)Release?
Um diese Fragen beantworten zu können, muss man freie Software verstehen. Die Entwickler sind eben darauf angewiesen, dass die Software getestet wird und dass es Rückmeldungen durch die Nutzer gibt. Immerhin investieren sie ihre Freizeit und viel Energie in ihre Projekte – das sollte man respektieren und eben auch unterstützen.
Freie Software würde anders nicht funktionieren.
Und dass mit dem Bugfix dann alles doch so schnell ging, ist natürlich Ehrensache der Entwickler.
Der Haken ...
Vielleicht fragen Sie sich, wo der Haken an dieser tollen Software ist. Tatsächlich muss man lange suchen, bis man schließlich etwas findet: MPlayer unterstützt in seiner aktuellen Version keine DVD-Menüs, obwohl man sich die Scheiben trotzdem ohne Einschränkungen ansehen kann. Wenn Sie das trotzdem stört, können Sie sich ja mal den nächsten Videoplayer anschauen …
20.4.3 XINE
XINE unterstützt unter anderem DVD-Menüs. Auch sonst ist die Feature-Liste ähnlich lang wie beim MPlayer. Daher wurden von uns einige Punkte zusammengefasst:
- Abspielen von CDs, DVDs und VCDs
- Support für alle möglichen und unmöglichen Video- und Audiodateien
- Support für Multimedia-Streams aus dem Netz
Geschmackssache
Ob man sich nun für XINE oder den MPlayer entscheidet, ist weitestgehend Geschmackssache.
Wer will, kann natürlich auch beide installieren und ausgiebig testen. Meistens lässt sich einer von beiden leichter konfigurieren, in jedem Fall hilft aber die entsprechende Dokumentation – wenn man nicht zu faul ist, sie auch zu lesen.
Konfiguration
Für die Konfiguration von XINE gilt, was die Ausgabe-Plugins anbelangt, dasselbe wie für die Konfiguration des MPlayers. Falls es mit der Konfiguration von XINE nicht so richtig klappen will, ist oft die Webseite des Projekts (www.xinehq.de) ein guter Startpunkt für die Problemlösung. Teilweise muss man noch für DVD-Support und Ähnliches Bibliotheken installieren, damit alles funktioniert.
Beispielsweise benötigen Sie zum Abspielen von DVDs die folgenden Bibliotheken:
- libdvd
- libdvdread
- libdvdnav
20.4.4 vlc
Ein sehr schlanker, auch für Windows verfügbarer Videoplayer ist des Weiteren der vlc.
Dieser Player kann Ihnen nicht nur DVDs und alle möglichen Videoformate, sondern auch Internet-Audio-Streams abspielen.
Abbildung 20.2 vlc spielt den »Deutschlandradio Kultur«-Audio-Stream