Ich könnte mir in allen großen Zeitungen des Landes folgende Mitteilung vorstellen: Wichtige Mitteilung an alle Bürgerinnen und Bürger: Die Welt ist hier und jetzt! -- Jostein Gaarder
24 Prozesse und IPC
In diesem Kapitel geht es nun um Prozesse sowie um deren Kommunikation (engl. »Inter Process Communication«, IPC) aus der Sicht des Userspaces und damit des Benutzers. An dieser Stelle sollten Sie bereits viel über Prozesse an sich wissen. Die wichtigsten Fakten sind hier noch einmal zusammengefasst:
- Prozesse sind Programme in Ausführung
- Damit das Betriebssystem eine Programmdatei überhaupt ausführen kann, muss ein entsprechender Prozess erstellt werden. Ein Prozess ist dabei nur als eine Datenstruktur im Kernel – dem Prozesskontrollblock – präsent.
- Eigenschaften eines Prozesses
- In diesem Kontrollblock finden sich alle wichtigen Daten, wie die einen Prozess identifizierende PID, der ausführende Benutzer, das Arbeitsverzeichnis und anderes.
- Speicher
- Jeder Prozess hat seinen eigenen Adressraum. Alle (virtuellen) Adressen, die das Programm während seiner Ausführung nutzt, müssen von der MMU <Siehe Kapitel 1.> in physikalische, also real im Hauptspeicher vorhandene Adressen übersetzt werden. Das Betriebssystem hat die Möglichkeit, einzelne Speicherbereiche (sogenannte Pages) ohne Wissen des Prozesses auf die Festplatte auszulagern.
Mit diesen Grundlagen kann man sich nun auch schon den Erklärungen im Userspace widmen. Dort ist es im Großen und Ganzen irrelevant, wie das Multitasking genau realisiert oder ein Prozess intern behandelt wird. Statt um Interrupts kümmert man sich hier um Signale, statt um das konkrete Scheduling um die sinnvolle Strukturierung paralleler Programme. Diese und andere Fragen wollen wir im Folgenden umfassend klären.
24.1 Prozessarten
Hintergrundprozesse haben Sie bereits in den Shell-Kapiteln und auch kurz im Kernel-Kapitel kennengelernt. Ebenfalls haben wir bereits sehr oft von Diensten oder gar Dämonprozessen gesprochen. Wir haben zwar alles bereits erklärt, jedoch sollen hier noch einmal die Zusammenhänge erklärt und die Unterschiede verdeutlicht werden.
24.1.1 Hintergrundprozesse
Hintergrundprozesse – oder auch Jobs – werden im Hintergrund durch ein in der Kommandozeile an den Befehl angehängtes kaufmännisches »Und« (»&«) erzeugt. Im »Hintergrund« bedeutet hier, dass die ersten Dateideskriptoren – 0, 1 und 2 – nicht mit der Tastatur und nicht unbedingt dem Bildschirm verbunden sind.
Man verwendet Hintergrundprozesse in erster Linie, um durch einen langwierigen Prozess nicht vom weiteren Arbeiten abgehalten zu werden. Charakteristisch für klassische Hintergrundprozesse ist dabei jedoch, dass sie weiterhin ein Kindprozess der Shell bleiben. <Erläuterungen hierzu gibts später. ;-)>
$ Prozess & [1] 14215 $ … [1] + done /usr/local/bin/Prozess $
Listing 24.1 Schreibweise zum Starten eines Prozesses im Hintergrund
Die Job-ID
Das Listing zeigt also einen Prozess, der im Hintergrund gestartet wird. Nach dem Start wird die Nummer des Hintergrundprozesses – die sogenannte Job-ID – in eckigen Klammern (in diesem Fall Nummer eins), gefolgt von der Prozess-ID (hier 14215), ausgegeben. Nach einiger Zeit ist der Prozess schließlich mit der Abarbeitung seiner Aufgaben fertig. Dem Benutzer wird dies durch die »done«-Zeile mitgeteilt.
24.1.2 Dämonprozesse
Eine spezielle Art von Prozessen sind die sogenannten Dämonprozesse. Sie arbeiten im Hintergrund und werden vorwiegend für Aufgaben genutzt, für die es keiner direkten Kontrolle bedarf. Das sind oft Serverdienste, wie beispielsweise Webserver oder Mailserver.
Dummerweise werden Dämonprozesse oftmals mit den Hintergrundprozessen der Shell verwechselt. Wie oben jedoch erläutert wurde, sind Dämonprozesse eigene Sessionführer und unabhängig von einer Shell – also inbesondere kein Kind der Shell.
Solche Dämonprozesse werden normalerweise während des Bootens gestartet und erst beim Shutdown des Systems beendet, indem der Kernel ein TERMINATE- bzw. KILL-Signal an den Prozess sendet. Entsprechend sind Dämonprozesse also in der Regel ein Kind von init.