24.4 Prozesse finden und verarbeiten
Im Folgenden wollen wir nun Tools vorstellen, mit denen man sich einen Überblick über alle verfügbaren Prozesse verschaffen, bestimmte Prozesse heraussuchen und »bearbeiten«, ihnen also Signale schicken kann.
24.4.1 top
Ein Standardprogramm zum Anzeigen der Prozesse für die Kommandozeile ist top. Dieses Tool gibt die Prozessliste periodisch auf dem Bildschirm aus und kann diese Ausgabe nach einigen vorgegebenen Kriterien – beispielsweise nach der CPU-Nutzung oder dem Speicherverbrauch der einzelnen Prozesse – sortieren.
Nachdem man top gestartet hat, zeigt sich ein Header mit anschließender Prozesstabelle (Abbildung 24.1). Der mehrzeilige Header enthält die Laufzeit des Systems (uptime) und die aktuelle Uhrzeit, die Anzahl der momentan angemeldeten Benutzer (»x users«) und die durchschnittliche Anzahl der Prozesse in den letzten 1, 5 und 15 Minuten, die auf ihre Abarbeitung durch die CPU warten (load average).
Zeile zwei des Headers gibt die Anzahl der Prozesse und deren Status an, d. h., wie viele dieser Prozesse gerade »schlafen«, von der CPU verarbeitet werden, Zombie-Prozesse sind oder gestoppt wurden.
Die dritte Zeile gibt Aufschluss über die Verteilung der Rechenzeit an den Userspace (user), den Kernelspace (system) und an die verwendete Priorität (»nice«). Die idle-Angabe gibt an, zu wie viel Prozent der Zeit der Prozessor nicht ausgelastet ist.
Speicherauslastung
Die Zeilen vier und fünf geben den physikalischen Hauptspeicher und den Swap-Speicher an. Der Wert vor »av« gibt den maximal verfügbaren Speicher an, »used« den davon momentan benutzten Teil und »free« den unbenutzten Anteil.
Die Ausgabe in Form einer Prozesstabelle an sich ist ähnlich wie bei ps aufgebaut und besteht im Prinzip aus den gleichen Spalten.
Rufen Sie top mit dem Parameter -i auf, um nur die derzeit laufenden Prozesse anzuzeigen.
Ordnung im Chaos
Die Sortierungsfunktion von top wird über die Steuertasten aufgerufen.
Eine Liste dieser Steuertasten erhalten Sie, indem Sie h für »help« drücken. Eine Liste der wichtigsten Sortierungstasten findet sich auch in der folgenden Tabelle:
Taste | Funktionalität |
N | aufsteigende Sortierung nach Prozess-ID |
A | aufsteigende Sortierung nach dem Alter |
P | absteigende Sortierung nach CPU-Nutzung |
M | absteigende Sortierung nach Speichernutzung |
T | absteigende Sortierung nach bisheriger Beanspruchung von CPU-Zeit |
Abbildung 24.1 top
24.4.2 ps und pstree
Anders als top bieten ps und pstree keine interaktive Oberfläche, sondern geben die aktuellen Prozesse in ihrer jeweils eigenen Form auf der Kommandozeile aus – und eignen sich somit zur Weiterverarbeitung in Skripten oder Ähnlichem.
Das Kommando pstree (process tree) gibt dabei den Prozessbaum aus. Dies ist eine sehr sinnvolle Funktion, um sich einen Überblick über das Verhalten einiger Programme und deren Kind-Prozesse zu verschaffen. Darüber hinaus eignet es sich hervorragend, um sich die Linux-Prozesse und ihre Hierarchie vor Augen zu führen.
Was ist ein hierarchischer Prozessbaum? Die Hierarchie der Prozesse kennen Sie bereits. pstree visualisiert im Prinzip diese virtuelle Ordnung in einem ASCII-Baum – jeder Zweig des Baumes stammt von einem Vater-Prozess ab.
$ pstree init-+-5*[agetty] |-atd |-bash-startx-xinit-+-X | `-wmaker-+-xterm-bash-vi | `-xterm-bash-pstree |-bdflush |-cardmgr |-crond |-gpm |-httpd-5*[httpd] |-inetd |-keventd |-klogd |-kreclaimd |-kswapd |-kupdated |-lpd |-mdrecoveryd |-rpc.portmap |-sshd `-syslogd
Listing 24.18 pstree ohne Argumente
Ein interessantes Feature, das Sie im Listing sehen, ist die Gruppierung der Kind-Prozesse zu ihrem Eltern-Prozess. Dies wird in der Form Parent---Anzahl*[Child] verdeutlicht, wobei Child der Name des Kind-Prozesses ist und Anzahl die Anzahl der parallel laufenden Kind-Prozesse angibt.
Der Webserver (httpd) hat in der obigen Ausgabe beispielsweise fünf Kind-Prozesse, und der init-Prozess hat fünfmal agetty gestartet.
Eine ausführlichere Ausgabe kann mit dem Parameter -a erreicht werden.
Dies bewirkt, dass die beim Programmstart eines jeden Prozesses übergebenen Parameter mit angezeigt werden.
$ pstree -a init) |-agetty) 38400 tty2 linux |-agetty) 38400 tty3 linux |-agetty) 38400 tty4 linux |-agetty) 38400 tty5 linux |-agetty) 38400 tty6 linux |-atd) -b 15 -l 1 …{}
Listing 24.19 pstree mit Detail
Sofern Sie ein Terminal mit Fettschriftunterstützung verwenden, kann der Parameter -h (highlight) verwendet werden. Dieser zeigt den pstree-Prozess inklusive aller seiner Vater-Prozesse in Fettschrift an. Dies ist eine gute Möglichkeit, sich die Hierarchie der Prozesse nochmals zu veranschaulichen.
Weitere wichtige Parameter sind -p für eine Ausgabe der Prozess-IDs aller Prozesse und -u für die Angabe des jeweiligen Benutzers eines Prozesses.
$ pstree -apu init,1) |-agetty,112) 38400 tty2 linux |-agetty,113) 38400 tty3 linux |-agetty,114) 38400 tty4 linux |-agetty,115) 38400 tty5 linux |-agetty,116) 38400 tty6 linux |-atd,92) -b 15 -l 1 |-bash,111,swendzel) | `-startx,131) /usr/X11R6/bin/startx | `-xinit,140) /home/swendzel/.xinitrc -- | |-X,141,root) :0 | `-wmaker,144) | |-xterm,161,root) -sb -bg black…{} | | `-bash,162,swendzel) | | `-vi,213) kap06.tex | `-xterm,192,root) -sb -bg black…{} | `-bash,193,swendzel) | `-pstree,214) -apu |-(bdflush,5) |-cardmgr,53) |-crond,89) -l10 |-gpm,109) -m /dev/mouse -t ps2 |-httpd,107) | |-httpd,117) | |-httpd,118) | |-httpd,119) | |-httpd,120) | `-httpd,121) |-inetd,80) …
Listing 24.20 pstree-Parameterkombination
Prozessauflistung mit Details via ps
Kommen wir nun zu einem der wichtigsten Programme des Unix-Systems – dem ps-Kommando. ps gibt Ihnen eine Übersicht über Ihre eigenen oder auch alle laufenden Prozesse des Systems. Dabei werden diverse Prozessattribute auf Wunsch mit ausgegeben.
Die Besonderheit an der Linux-Version von ps ist, dass es sowohl die Features der SVR4- als auch der BSD-Version von ps unterstützt.
Hinzu kommen einige GNU-Features. Oftmals führen daher mehrere Parameter zum selben Resultat.
Bei einem parameterlosen Aufruf des Programms erscheint eine Liste aller Prozesse, die in Ihrer aktuellen Shell laufen:
$ ps PID TTY TIME CMD 241 pts/2 00:00:00 bash 243 pts/2 00:00:00 ps
Listing 24.21 ps
Wie Sie sehen, erfolgt die Ausgabe in Form einer Tabelle. Die Spalte »PID« enthält die Prozess-ID, und die »TTY«-Spalte gibt das Terminal an, auf dem der Prozess läuft. »TIME« gibt die bereits für den Prozess aufgebrauchte CPU-Zeit an. Die letzte Spalte, »CMD«, repräsentiert das eigentliche Kommando, also den Befehl, so wie er irgendwann einmal eingegeben wurde.
Befassen wir uns nun mit den Parametern. Der Parameter -A gibt alle momentan laufenden Prozesse aus. Der Parameter -e liefert das gleiche Ergebnis, und -a zaubert lediglich eine Ausgabe aller Prozesse des Terminals hervor.
Sofern Sie sehr detaillierte Informationen zur Prozessliste benötigen, kann der Parameter -f verwendet werden. Mit -l wird das »long format« benutzt, d. h., User-IDs werden in Benutzernamen aufgelöst und die Aufrufparameter der Prozesse werden gezeigt.
Sehr interessant sind im Übrigen einige BSD-Parameter wie u oder f.
Der erste bewirkt die benutzerspezifische Ausgabe, gibt also Ihre eigenen Prozesse aus, der letzte gibt den Prozessstatus <Der Status wird in Form eines Großbuchstabens repräsentiert. »S« steht beispielsweise für »Sleep«, »R« steht für »Running«. Das Thema Prozessstatus wurde bereits zu Beginn dieses Kapitels besprochen.> in der Spalte »STAT« an und erstellt außerdem – ähnlich wie pstree, jedoch nicht so hübsch – einen Prozessbaum.
Für Individualisten gibt es noch den -o-Parameter. Er liefert eine selbst konfigurierbare Ausgabe. Dabei kann die Ausgabe in der Form »SpalteA SpalteB SpalteC« festgelegt werden.
Schlüsselwort | Beschreibung |
pcpu | CPU-Nutzung |
group | Gruppenzugehörigkeit |
ppid | Eltern-Prozess-ID |
user | Eigentümer |
args | Parameter beim Programmaufruf |
comm | Name des Prozesses |
nice | Nice-Priorität |
pid | Prozess-ID |
pgid | Prozessgruppen-ID |
time | Verbrauchte Rechenzeit |
tty | Benutztes Terminal |
ruser | Relativer Benutzer (siehe Kapitel 9 – Zugriffsrechte) |
rgroup | Relative Gruppe |
Probieren wir es einmal aus. Unser Ziel ist es, alle Prozesse auszugeben, die momentan in der Prozessliste aufzufinden sind. Dabei sollen jedoch nur der Benutzername, die Prozess-ID, das Kommando selbst und das Terminal des Prozesses ausgegeben werden.
$ ps -eo "user pid comm tty" USER PID COMMAND TT root 1 init ? root 2 keventd ? root 3 kswapd ? root 4 kreclaimd ? root 5 bdflush ? root 6 kupdated ? root 8 mdrecoveryd ? root 53 cardmgr ? bin 69 rpc.portmap ? root 75 syslogd ? root 78 klogd ? root 80 inetd ? root 83 sshd ? root 87 lpd ? root 89 crond ? daemon 92 atd ? … … root 240 xterm tty1 swendzel 241 bash pts/2 swendzel 351 kdeinit ? swendzel 352 vi pts/1 swendzel 355 ps pts/2
Listing 24.22 Individueller ps-Aufruf
24.4.3 pgrep, pidof und pkill
Ein anderes Problem stellt sich, wenn man nur bestimmte Prozesse suchen beziehungsweise ihnen ein Signal schicken will. Für diese Probleme gibt es pgrep und pidof sowie pkill und killall.
pgrep und pidof
Das Tool pgrep gibt die PIDs aller gefundenen Prozesse aus. Möchte man also zum Beispiel nach allen Prozessen suchen, die »ssh« im Namen tragen, so ist nur der entsprechende String als Parameter zu übergeben: <Das Gleiche funktioniert auch mit dem Programm pidof.>
$ pgrep ssh 2641 4277
Listing 24.23 Alle 'ssh'-Prozesse suchen
Um die Namen der gefundenen Prozesse zu kontrollieren – also um zu sehen, ob diese auch wirklich »ssh« enthalten --, kommen uns die Kenntnisse des ps-Programms zugute:
$ ps -eo "comm pid" | grep ssh sshd 2641 ssh-agent 4277
Listing 24.24 Kontrolle
Wobei wir in diesem einfachen Beispiel pgrep auch mit der Option »-l« hätten aufrufen können, was die Ausgabe des ausgeführten Kommandos zusätzlich zur PID bewirkt. Weitere interessante Argumente sind:
- -f
- Bringt pgrep dazu, das Muster nicht nur auf das ausgeführte Kommando, sondern auch auf die gesamte Kommandozeile inklusive aller Argumente anzuwenden.
- -u euid
- Sucht die effektive Benutzer-ID »euid«.
- -U uid
- Sucht die reale Benutzer-ID »uid«.
- -g pgrp
- Sucht alle Prozesse der Prozessgruppe mit dieser ID.
- -G gid
- Sucht alle Prozesse mit der realen Gruppen-ID »gid«.
- -v
- Invertiert die Suche.
pkill
Möchte man den gefundenen Prozessen nun ein Signal senden, so bietet sich das Programm pkill an, das im Prinzip dieselben Argumente wie pgrep verwendet. Das Einzige, was neu hinzukommt, ist ein Signal, das ähnlich wie bei kill angegeben wird:
$ pkill -HUP top $ pkill –9 -u jploetner
Listing 24.25 pkill anwenden
Im ersten Beispiel wird allen Instanzen von top sowie allen Programmen mit »top« im Namen das SIGHUP-Signal geschickt, und im zweiten Fall werden alle Prozesse des Benutzers »jploetner« abgebrochen. Offensichtlich ist also ein »pkill -SIG Prozess« nichts anderes als ein »kill -SIG `pgrep Prozess`«.
killall
killall bietet ebenfalls diverse Möglichkeiten, einen Prozess über seinen Namen zu beenden. Mit killall -r können beispielsweise Prozessnamen durch einen regulären Ausdruck gefiltert werden. Mit -w wird den Prozessen hingegen eine Sekunde Zeit gelassen, um sich zu beenden, was unter Umständen einen saubereren Abschluss ermöglicht.